The Walking Dead auf allen Kanälen. Vom Comic zur Fernsehserie zum Computerspiel (genauer: mehrere Spiele, wenn man noch den “seelenlosen Zombie-Shooter” mitzählt). Man hat es bis hierher mitverfolgt. Warum auch immer. The Walking Dead funktioniert nämlich in allen Formaten am besten, wenn der “Warum eigentlich?” Mechanismus im Gehirn ausgeschaltet bleibt.

Und das gilt leider insbesondere für die Season 2 des Spiels, genauer: die gerade herausgekommene erste Episode “All that remains”. Episode. Per Season Pass hat man das Anrecht auf 5 Episoden erstanden, die alle paar Wochen in kleine Einheiten portioniert releast werden (Jede Folge dauert circa 2 Stunden). Das Prinzip erinnert schon an Fernsehserien und gerade The Walking Dead ist eigentlich mehr ein Comic mit einigen interaktiven Elementen. Die Spiele-Schmiede Telltale Games hat sich auf diese Art von Comic-Adaptionen fokussiert, für 2014 ist wohl Game of Thrones angedacht, Back to the Future und The Wolf among us (dazu später mehr) gab es bereits.

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Aber nun Butter bei die Fische: die Sache ist mißlungen. Ich weiß nicht, ob ich inzwischen durch den wirklich guten Werewolves on Wheels Podcast von nerdcore.de und pewpewpew.de beeinflußt wurde, oder sich die oben genannte “Warum eigentlich?” Einheit im Unterschied zu Season 1 versehentlich angeschaltet hat. Nach Episode S02E01 hatte ich kurz die Phrase “Gefühlsduseleikitsch mit Zombie-Sosse” im Kopf. Wie funktioniert generell so etwas wie Handlung? Im Spiel schlägt sich die neue Hauptcharekterin Clementine durch die Welt, ein circa 8 Jahre altes Mädchen durch die Welt, nachdem der Hauptcharakter und ihr Ersatz-Daddy Lee in der Schlußsequenz von Season 1 stirbt und als Zombie zurückzukommen droht und sie ihn erschießt.

Die eigenen Entscheidungen haben Auswirkungen, sind aber zu marginal. Ich kann nach links rennen (irgendjemand wird gerade von einem Zombie angefallen) oder nach rechts rennen (auch da wird gerade irgendjemand anderes von einem Zombie angefallen). Genau darin erschöpft sich dann auch die Handlung. Ich kann eine pampige Antwort geben oder eher verständnisvoll reagieren. Nur bleibt der Gefühls-sossen-matsch genau gleich, der Charakter oder das Stimmungsbild ändert sich nicht. In animierten Schlüsselsequenzen bleibt etwa Clementine genauso weinerlich. Dazu kommt die Abfolge des Immergleichen. Charakter sterben wahllos – na und? Es gibt ja genügend und man weiß sicher, dass wer auch immer überlebt auf die nächste Gruppe treffen wird. Auch dort sind die Verhaltensweisen immer gleich platt angelegt: ein Charakter hat immer die “bad-ass” Position und möchte die Neuankommenden gleich rauswerden, jemand anderes ist verständnisvoll und der Reste der Gruppe ist indifferent. Das Prinzip wurde schon in Season 1 und dem Prädludium “400 Days” durchgenudelt und findet sich jetzt genauso wieder (siehe die Szene an der Hütte, als Clementine gefunden wird in Chapter 7 “New Faces”).

Man schafft es nicht Charaktere überzeugend darzustellen. Das Repertoire an Emotionen ist dafür zu begrenzt. In dem Sinne gibt es auch wenig emotionale Dynamik zwischen den einzelnen Beteiligten. Im Hintergrund läuft dudeliger Drone-Sound, der streckenweise ins kitschige abdriftet, Clementine guckt mit großen Kulleraugen in die Kamera: bitte helft mir. Und immer wieder die Frage? Würden sich Menschen so verhalten?
Generell: die Charaktere sind platt wie eine Flunder. Oft dienen sie nur wie ein McGuffin dazu, die Handlung weiterzutreiben. Sie tauchen kurz auf, dann sind sie wieder weg, wenn der Haupt-Protagonist die Szenerie gewechselt hat.

Im Kopf bleibt auf jeden Fall als herausragende Szene mit hohem Gore-Faktor, die nichts mit Zombies zu tun hat. Um es nicht zu verraten: Im Schuppen, Clementine, der Arm (wer es gespielt hat, weiß worum es hier geht). Ieeeh! Meine Spiegelneuronen müssen sich immer noch erholen von dieser Szene, das war ganz schön fies. Und hier hätte man ja auch einen interessanten Ansatz: wie schafft es ein Kind sich in dieser Welt durchzuboxen. Die Serie ist da deutlich weiter (etwa im Mid-Season Finale S04E08, als die Kinder sich bewaffnen), während hier sich Kinder nur als Middle-Class-Suburbia-Gören gedacht werden können, die ohne Schutzbefohlene hilflos sind und ganz traurig gucken. Vermutlich würde im echten Leben jedes Kind besser in der Welt klarkommen als Erwachsene und sich binnen von Wochen eine Ausbildung auf der Straße aneignen. Nur werden solche Fragen auch nicht gestellt – die Menschen verhalten sich wie weinerliche Mi

Als Spiel gesehen ist TWD eher mässig gut. Es gibt immer interaktive Szenen, so richtig überzeugt das nicht. Achtung – Zombie! Wegucken nach links, wegducken nach rechts. Attacke von Zombie oder Tier – treten. An irgendeinem neuen Ort sein – Dinge angucken, danach wird einem direkt das passende Werkzeug angezeigt, das an dieser Stelle einzusetzen sei. Also ganz einfache Action und Adventure – Funktionalitäten, die zum Einsatz kommen. Open World ist das alles nicht, der Handlungsstrang ist sehr klar vorgegeben und die Szenen bieten eigentlich keine Möglichkeiten zum eigenen Erkunden der Welt.

Gut dagegen der Zeichenstil. Dieser ist deutlich anders als in der Comicvorlage und produziert vor allem ganz ansehnliche Atmosphären von Orten. Ein Camp im Wald mit Lagerfeuer bei Regen. Eine verlassene Raststätte. Eine Hütte mit Geräteschuppen im Wald. Auch die Darstellung der Zombies ist gelungen, wenngleich auch hier im Unterschied zur Fernsehserie keine Abweichungen zu sehen sind (etwa aus Season 4 der Moos-Zombie oder die Schlammgrube mit Zombie). Das alles funktioniert ganz gut und Stärke des Spiels ist sicher die Darstellung des Setting: Zombies und verlassene Welt. Gnaaah!

Dennoch: So richtig überzeugend ist das alles nicht. Die kurze Episode “400 Days” hatte ein paar interessante Ideen, hier fand ich die Idee die Erzählung als Kurzgeschichten zu gestalten, sehr charmant. Vom gleichem Hersteller läuft derzeit die erste Season von “The Wolf among us” und das ist im Unterschied zu TWD richtig großes Kino: vom Setting bis zur originellen Handlung und der Noire Atmosphäre stimmt hier alles. Im direkten Vergleich wirkt S02 von TWD eher mau. Und im direkten Vergleich strahlt dann sogar die Fernsehserie ziemlich, die ansonsten auch ganz gut ihr Fett wegbekommen hat. Aber vielleicht ist auch das ein TWD-Fan Phänomen: das permanente Ärgern über die Unperfektheit der Serie. Den echten Fan erkennt man am ständigen Nörgeln.

Ich bin dann am Ende (soviel sei verraten) nach rechts gelaufen. Was wohl in der nächsten Folge daraus resultieren mag?

http://www.telltalegames.com/walkingdead/