Aktuell verklagen über 16.000 sich als geprellt fühlende ehemalige Aktionäre die Deutsche Telekom AG. Deren Aktie wurde im dritten Börsengang für 66,50 Euro ausgegeben, stieg dann kurz im März 2000 auf über 103 Euro an um dann einen Sturzflug hinzulegen und bis heute unter 20 Euro herumzudümpeln. Das schöne Geld – weg! Das mag zwar für den einzelnen Anleger oder Anlegerin ein herber Verlust gewesen sein, ist aber an der Börse ein alltäglicher Vorgang. Aktienkurse haben teilweise relativ wenig mit der Bekanntheit und Größe des jeweiligen Unternehmens zu tun. Doch wo liegt das Problem in diesem Fall? Anstatt diesen Verlust als eine ärgerliche Angelegenheit hinzunehmen, die zum Aktionärsdasein dazu gehört, wird nach Schuldigen gesucht. Die klagenden Aktionäre fragen nicht danach, warum sie einem Werbeprospekt glauben schenken wollten.

Stattdessen wird skandalisiert, dass in der Werbung falsche Angaben gemacht worden seien. Welch eine grandiose Erkenntnis. Dabei hätte man sich damals schon weitergehend informieren können und unabhängige Meinungen einholen, anstatt ausgerechnet den eigenen Angaben der Telekom Glauben zu schenken.

Es wirkt fadenscheinig, sich hier als “betrogen” darzustellen, wo man doch davor alle Verprechungen bereitwillig glauben wollte. Natürlich, es handelte sich bei der Deutschen Telekom AG ja um ein ehemaliges Staatsunternehmen und damaligen Monopolisten und über ihren Staat lassen die Deutschen ja nichts kommen. So auch das Vertrauen in die Aktie – diese mußte ja den Gesetzen des Marktes trotzen und mindestens so sicher sein wie die Rente. Es hiess ja schließlich “Volksaktie”. Man wollte bereitwillig glauben, dass es immer nur aufwärts geht.
Dabei sollte es eigentliche zum Allgemeinwissen gehören, dass an Börsen auch Verluste eingefahren werden und nicht nur die phantastisch anmutendenm traumhaften Renditen. Und das nicht nur bei hochspekulativen Finanzinstrumenten, sondern auch bei vermeintlich sicherer Aktien von Hauptwerten. Und war da nicht mal was im März 2000 mit New Economy-Crash und Dotcom-Blase, von dem alle technologieorientierten Unternehmen, die im entferntesten mit IT zu tun hatten, betroffen waren?

All das gehört zu den Risiken von Aktienmärkten. Genau das will man nicht wahrhaben. Hätte die Telekom damals wirklich falsche Angaben in einem Verkaufsprospekt gemacht und wäre der Aktienkurs bis heute gestiegen, so hätte das niemanden zu einer Klage bewogen. So aber wird die Wut gespeist aus dem Verlust durch den gefallenen Aktienkurs. Der Verlust wird nicht akzeptiert, man möchte nicht einsehen, dass man selbst freiwillig mitgemacht hat. Einfacher ist es zu behaupten, dass man verführt wurde, von böser Absicht in die Irre geführt wurde. Diese Abwehrleistung ist seit jeher eine sehr deutsche Spezialität. Statt Mist als solchen zu benennen und die eigene Verstricktheit darin zu akzeptieren, muss jemand anderes die Verantwortung tragen. Via Justiz möchten die Aktionäre von damals nun erlittene Verluste zurückklagen. Der Staat soll rückwirkend das Marktrisiko einebnen, in das man sich selbst begeben hat. Der deutsche Staat gilt auch hier, wie so oft, als Bollwerk gegen die Krise.

Andere Argumentation, aber guter Kommentar dazu auch in der TAZ.