Plagiate und Plagiarismus. Nicht geringeres als das Abendland wird hier verteidigt. Das Plagiat klassifiziert der Referent als eine Art Verbrechen, das mit “Quote” und “Dunkelziffer” erfasst wird. In der Diskussion geht es dann um Plagiarismus in der Wissenschaft. Auch hier einige Knaller: eine Wortmeldung beschwert sich über chinesische Studierende, die kein Unrechtsbewußtsein hätten, denn in ihrer Kultur sei Kopieren (etwa Kaligraphie) hoch angesehen.
Da müsse man doch was tun. Genau: zum einen das Verständnis des Originals fördern; dass die Eigenleistung Wert hätte. Zum anderen müßten Strafmaßnahmen gegen plagiierende Studierende her: soziale Ächtung. Also so eine Art moderner Pranger. Könnte man nicht gleich vor Universitäten Gerätschaften aufstellen, in denen dem Plagiieren Überführte eingespannt und vom Mob mit Unrat beworfen werden? Nein, so weit will man dann doch nicht gehen. Es werden in der Diskussion eher ganz

zivilisiert-barbarisch Abstrafphantasien von Strafrecht und Justiz geäußert. Wohlgemerkt: es geht immer noch um studentische, wissenschaftliche Arbeiten. Und das, obwohl verschiedene Beispiele ganz beiläufig in Publikumsbeiträgen erwähnt werden, wo Leute wegen abgeschriebener Abschlußarbeiten aus der Uni flogen. Eine Software könnte man doch einsetzen, um Plagiate ausfindig zu machen…. Wie Foucault schon wußte: Überwachen und Strafen. Der bürgerliche Begriff des Urhebers gekennzeichnet durch kreative Eigenleistung und Originalität wird hier mit Klauen und Zähnen gegen eine Erosion verteidigt. Aber es geht ja um die Rettung der heiligen Wissenschaftlichkeit! Dafür kann man sich schon mal in die Schützengräben legen gegen faule Studierende und die gelbe Gefahr aus dem Osten. Aber warum sollten Universitäten auch andere Zurichtanstalten sein, als die übrigen Institutionen der Gesellschaft. Dass Leute inzwischen in kürzester Zeit dank Bachelorisierung durch die Universität geschleust werden, davon will man geflissentlich nichts wissen. In diesem Sinne (Sarkasmus-Modus off): für mehr soziale Hängematten.

Der Rest der Vorträge an diesem Nachmittag in Raum stand dann im Zeichen der Hard Bloggin Scientists. Nacheinander sprachen Mark Scheloske, Benedikt Köhler, Tina Günther und Martin Memmel. Warum das Web 2.0 so spannend, wichtig und toll ist, dass alle Wissenschaftler/innen mitmachen müssten und sofort Web 2.0 gelehrt werden müsse, erschloss sich mir auch nach dem 4. Vortrag nicht. Lobbygruppe für die Nutzung elektronischer Medien in der Wissenschaft (wobei die Soziologie dominiert). Sorry, den so groß angepriesenen Nutzen sehe ich einfach nicht. Man stilisiert sich als kleine Gruppe, die gegen Vorurteile anzukämpfen hat. Im Endeffekt viel heiße Luft um relativ wenig Inhalt: wer als Wissenschaftler/in bloggen will, der/die tut dies. Wer über Blogs forschen möchte, kann dies ebenso tun, oder unterlassen. Ganz liberal. Technischer Fortschritt ist ungleich sozialer Fortschritt und ob in der verstärkten Nutzung von Web 2.0 etwas Erstrebenswertes liegt, wie die HBS behaupten, bezweifle ich zumindest.