Der VIVA-Gründer definiert im Interview mit “Welt Online” das Urheberrecht als zentralen Angelpunkt des christlichen Abendlandes… pardon: als Basis seiner Geschäftstätigkeit. Heraus kommt ein jammerndes Beklagen darüber, dass digitales Eigentum nicht als Eigentum anerkannt würde. Interessant dabei: an diesem Eigentumsverständnis hat die Firma Apple scheinbar kein Interesse. Deren Chef vertritt da ganz andere Ansichten; schließlich möchte er Geräte verkaufen, auf die sich Musik kopieren läßt. Eine harte Nuss, die die professionellen Musikverwerter zu knacken haben: wie läßt sich aus Musik Profit schlagen? Das bisherige Geschäftsmodell, in dem der Verkauf von Musik an den Tonträger gekoppelt ist, steckt bekanntlich in der Krise und auch die Manager wissen nicht so recht weiter. In unsicheren Zeiten und Umbrüchen wird ein neues Denken eingefordert, dass bei dem Interviewer der “Welt” scheinbar noch nicht angekommen ist. Er redet noch von der “Plattenindustrie” und betrauert das Artwork der LP. Nur hat sich von der die Musikindustrie schon Mitte der 1980er Jahre verabschiedet. Der Inhalt ist vom Trägermedium gelöst und kann digital beliebig oft kopiert werden, ohne dass die Musiklabels gezwungenermaßen daran etwas verdienen. Deswegen folgert Gorny:

Der fehlende Respekt vor dem geistigen Eigentum und der Leistung ist ein wesentliches Problem dieser Gesellschaft. Weil Sie an eine Idee kein Preisschild hängen können, ist leider das Unrechtsbewusstsein beim Klauen entdinglicht. Dabei ist die Kreativ-Wirtschaft einer der größten Umsatzbringer der Zukunft. Wo sollen denn noch Arbeitsplätze entstehen, wenn die Industrie aus Europa abwandert. Die Kopierschutz-Diskussion greift deshalb viel zu kurz. Es geht um eine Verschleuderung von gesellschaftlichem Eigentum, die unter dem Deckmäntelchen von „cool“, „Jugend“ und „digital“ stattfindet. Das ist lebensgefährlich. Mein Plädoyer: Wir müssen zu einer Neubewertung des Urheberrechts kommen. Es geht um die Geschäftsgrundlage eines zentralen Leitmarktes der Zukunft.

Eine interessante Frage schließt sich hier an: wie gehen eigentlich kleine Musiklabels mit den Veränderungen um? Meiner Erfahrung nach gar nicht. Die Entscheidungen werden woanders getroffen. Man findet eben bestimmte Strukturen vor und bastelt herum. Auf meine Hinweise an Labelbesitzer, dass sie im Grunde doch einen Musikverlag betreiben würden, deren ökonomisches Ziel es sei Musik zu vermarkten, wird zumeist mit Befremden oder Achselzucken reagiert. Aber selbst in Nischenmärkten scheint die Krise des Tonträgerverkaufs sich bemerkbar zu machen in sinkenden Absatzzahlen. Nur wird sich hier gerne der Illusion hingegeben, Vinyl würde es für immer geben. Wie auch immer es weiter geht mit dem Verkauf von Musik – ich übe mich in teilnehmender Beobachtung.