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Viele Menschen werden von dem neuen Coen Brothers Film “Inside Llewyn Davis” angelockt. Man erwartet heutzutage kaum noch Schlangen vor dem Kino. Das ist noch nicht mal das Eröffnungswochenende. Wenn man dann aber bis kurz vor Möbel Olfe vor dem Babylon am Kotti steht und sich 3 Minuten vor Filmstart nichts bewegt in der Schlange, wechselt man mal eben den Stadtteil und das Kino. Auch da: voll. Vielleicht lag es ein Weihnachten, vielleicht wurde der Film für Coen-Brothers-Verhältnisse zu gut beworben, unter Umständen lag es auch am dem Sujet Folk. Es sind erstaunlich viele alte Menschen im Publikum. Der Film stellt sich dann als durchwachsen heraus. Kann man sich ansehen, aber muss man auch nicht. Irgendwie gut, irgendwie auch nicht.

Wohl niemand schafft es Ambivalenzen menschlicher Existenz so überzeugend darzustellen, und vielleicht ist auch gerade dieses Gefühl im Nachhinein Teil der Coenschen Inszenierung. Mich schüttelt es immer noch beim Gedanken an John Goodman. Ekel-evozierend wäre eine noch zu harmlose Umschreibung. Großartig ist Justin Timberlake, wobei diese post-ironische Geste sowohl die Fans als auch die Hater, als auch die Meinungslosen gleichermaßen zu bedienen weiß. Und Katzendarsteller gibt es auch – welche dem Publikum ein “ah!” und “oh!” entlockten. Irgendwas mit Katzen geht immer, das gilt für Internet-Meme und für ältere Herrschaften.

Leywin Davis ein unglücksseeliger Charakter. Ein Pechvogel wäre er dann, wenn das Unglück nicht selbstverschuldet wäre. Doch der Film löst in einem Loop die Eingangssequenz auf. Und auch während des Films lässt Davis kaum eine Gelegenheit aus, sich nicht als dämlicher Misantroph zu outen, der selbst noch die ihm wohlmeinenden Gönner vergrätzt. Aber am Ende doch noch an den Orten des Rauswurfs aufkreuzen kann. Groß an dem Film ist die Rolle der Jean, gespielt von Carey Mulligan, die ihm in Misantrophie an nichts nachsteht und in der Beziehung der beiden klar die Oberhand behält. This is not a love song und hier keine wunderbare Liebesgeschichte eingebaut zu haben, ist den Coens hoch anzurechnen.

Ansonsten ist dies ein Männerfilm von Männern mit Männern über Männer in einer Männerwelt mit sehr geringem Frauenanteil (Hailee Steinfeld in “True Grit” hatte da deutlich mehr Raum). Gäbe es die Figur Jean nicht, könnte man anhand der übrigen Frauenrollen den Coens fasst Misogynie vorwerfen: die übrigen Frauenrollen (etwa Mrs Gorfein und die Folk-Sängerin mit diesem Harfe-ähnlichen Instrument) werden als vertrottelte Muttchen mit Mamakomplex und/oder Heulsusen-Affinität dargestellt.
Dramödie ist in, wie üblich reiten die Coens auf einem unterschwellig passiv-aggressiven Sadismus, der zum Teil in Humor aufgebrochen wird, manchmal auch nur im Hals stecken bleibt und sich nur teilweise in offener Aggression (die Fausthiebe in der Anfangs- und Endsequenz).